nulla poena sine lege

nulla poena sine lege
nụlla poena sine lege
 
[-'pøna-; lateinisch »keine Strafe ohne Gesetz«], Grundsatz im Strafrecht, nach dem eine Tat nur dann bestraft werden kann, wenn Strafbarkeit und Strafe gesetzlich bestimmt werden, bevor die Tat begangen wurde (auch: nullum crimen sine lege, »kein Verbrechen ohne Gesetz«). Der Grundsatz verbietet die Anwendung strafrechtlichen Gewohnheitsrechts, analoge Anwendung sowie Rückwirkung von Strafgesetzen, soweit sich diese zum Nachteil des Täters auswirken würden. Er gebietet außerdem eine hinreichende Bestimmtheit des Strafgesetzes, die es gestattet, seinen Anwendungsbereich im Wege der Auslegung mit einiger Sicherheit zu ermitteln. In Deutschland wurde der Grundsatz nulla poena sine lege in der nationalsozialistischen Zeit außer Kraft gesetzt. Er ist als strafrechtliche Fundamentalnorm im § 1 StGB ausgesprochen und gehört durch seine Aufnahme in Art. 103 Absatz 2 GG zum Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland.
 
Die praktische Bedeutung des Grundsatzes liegt im Verbot der Analogie zuungunsten des Täters. Die überwiegende, von der Rechtsprechung nicht immer befolgte Meinung geht dahin, dass die Interpretation einer Strafnorm als Verstoß gegen den Satz nulla poena sine lege unzulässig ist, wenn sie den möglichen umgangssprachlichen Wortsinn des Gesetzes zulasten des Täters überschreitet. Das Rückwirkungsverbot ist v. a. bei der rückwirkenden Außerkraftsetzung der Verjährung in den Fällen des Mordes aktuell geworden; hier wurde ein Verstoß gegen den Satz nulla poena sine lege mit der Begründung verneint, dass die Verjährung nicht die Strafbarkeit, sondern nur die Verfolgbarkeit der Tat betreffe.
 
In Österreich ist der Grundsatz in § 1 StGB sowie in Art. 7 der als Verfassungsgesetz geltenden Europäischen Menschenrechtskonvention, in der Schweiz in Art. 1 StGB enthalten.
 
 
B. Schünemann: N. p. s. l.? (1978);
 V. Krey: Keine Strafe ohne Gesetz (1983).

* * *

nụl|la poe|na si|ne le|ge [- 'pø:na - -; lat. = keine Strafe ohne Gesetz] (Rechtsspr.): Grundsatz des Strafrechts, nach dem bei der Festsetzung einer Strafe nur ein bereits zur Tatzeit geltendes Gesetz angewendet werden darf.

Universal-Lexikon. 2012.

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